Mittwoch, 27. Februar 2008

Paradise Lost - In Requiem

Endlich ein Schritt in die richtige Richtung...

...hört man seit einigen Jahren (genaugenommen seit allen Platten jenseits von "Host") sowohl von der Band als auch von den Kritikern. Getan hat sich seit dem immer relativ wenig, zwar wurden die Gitarren langsam aber sicher immer weiter in den Vordergrund geschoben, jedoch konnte dies die nachlassenden Songwriter-Qualitäten der (inzwischen nur noch vier) Engländer nur schwerlich verdecken. Die Songs wurden (lässt man "Symbol Of Life" mal außen vor) immer langweiliger und aussageschwächer, und das, obwohl bei jedem neuen Output die x-te Auferstehung von "Icon" oder dem stets viel zu hoch gehandelten "Draconian Times" gefeiert wurde.

Vielleicht lag es auch an diesen Ankündigungen, dass die Wiedersehensfreude mit diesen zugegebenermaßen bereits betagten Bekannten meist schon nach den ersten zehn Minuten des Lauschens einer neuen Scheibe in den Keller fiel. Folgerichtig lernte man, sich auf diese Enttäuschung einzustellen und versuchte die (trotzdem immer in der hintersten Ecke des musikalischen Herzens aufkommende) Hoffnung, dass Mr. Mackintosh und seine Gefährten doch noch mal etwas anderes als Alibi-Alben zur Rentensicherung veröffentlichen könnten, zu unterdrücken.

So auch dieses Mal, die Ankündigungen waren die selben wie immer, einige (eigentlich verdammt viele) Idioten in diversen Foren, bei Amazon oder ähnlichen Seiten feierten diese Platte (genau wie "Believe In Nothing" oder "Paradise Lost") als "bestes PL-Album aller Zeiten", "HAMMER-ALBUM!!!!!!!!" oder sogar "Einfach nur geil - besser als Icon". Nichts Neues also...

Doch schon während des Intros beschleicht den geneigten Hörer ein seltsames Gefühl. Hier wird doch nicht etwa Atmosphäre erzeugt? Keine billig-primitiven Kleinkind-Klavierpatschereien wie noch auf dem Vorgänger, sondern schöne Keyboardklänge, die kurz darauf von einem ordentlich krachenden Riff abgelöst werden. Plötzlich werden beinahe vergessene Erinnerungen an die guten alten Zeiten wach, in denen Paradise Lost richtig rockten, tiefgestimmte Gitarren für ihre genreprägenden Songs benutzten und Nick Holmes Stimme irgendwo zwischen düsterem Grunten und Reibeisen-Metalshouter pendelte.

Zumindest die ersten beiden Punkte kann man dem Opener "Never For The Damned" nicht absprechen und sogar Mr. Holmes scheint sich zumindest teilweise daran zu erinnern, was den eigentlichen Reiz seines Stimmorgans ausmacht. "Hoffentlich kein Ausrutscher" denkt man unweigerlich nach den ersten höchst erfreulichen fünf Minuten (wann haben Paradise Lost das letzte Mal so einen langen Song geschrieben?) bevor die ersten Klänge von "Ash & Debris" aus den Boxen schallen und diese Angst nachdrücklich vertreiben. Auch hier erwischt man sich dabei, mit verklärtem Lächeln die Anlage weiter aufzudrehen und mit dem Kopf zu nicken, auch wenn nicht ganz die Klasse vom vorhergehenden Track erreicht wird.

Glücklicherweise wird von dem auf den ersten beiden Stücken eingeschlagenen Weg im weiteren Verlauf des Albums nicht abgewichen, so dass sich die sorgfältige Gitarrenarbeit Gregor Mackintosh's mit den mal klaren, mal leicht growligen Vocals zu einem einheitlichen und insgesamt meist angenehmen Ganzen paart. Nach dem eingängigen aber auch recht einfachen "The Enemy" folgt mit "Praise Lamented Shade" zwar auch ein eher am vorherigen Output orientierter Titel, was jedoch durch den (beinahe) Titeltrack "Requiem" mehr als ausgeglichen wird. Dieser überzeugt vor allem durch sein schönes Intro (Lead-Gitarre!), die gut - weil dezent eingesetzten - Chöre und die eindringliche Sangesleistung Nick Holmes'. Für das nun folgende "Unreachable" gilt das gleiche wie für den vierten Track, worauf mit "Prelude To Descent" der erste langweilige Song folgt, der doch zu sehr an "Belive In Nothing"-Zeiten erinnert, um gefallen zu können. Ähnliches wäre über "Fallen Children" zu sagen, welches ein wenig zu einfach gestrickt daherkommt.

Sollten sich nach diesen Tracks nun doch ein paar Bedenken hinsichtlich der Läuterung der Herren aus dem verlorenen Paradies einstellen, werden diese durch den Knaller "Beneath Black Skies" gnadenlos wieder zerstört. Die tiefe Stimme in den Strophen und der geile Refrain reißen mit, lassen das Lächeln zurückkehren und machen diesen Track zu einem der Highlights des Albums. Mit "Sedative God" werden die Gemüter anschließend wieder angenehm abgekühlt, der eingängige und relativ ruhige Track mit sehr schönem Ausklang tut niemandem weh, stört dafür aber auch nicht und passt sich gut ins Gesamtbild ein.

Als Rausschmeißer fungiert "Your Own Reality" und überrascht in der ersten Strophe mit verzerrter und nur von Streichern und Pauke begleiteter Stimme, bevor sich langsam auch die restlichen Protagonisten dezent am Gelingen des Tracks beteiligen dürfen. Natürlich darf das obligatorische Mackintosh-Solo nicht fehlen, welches sich jedoch nicht besonders von dem in "Over The Madness" des letzten Albums unterscheidet. Trotzdem darf "Your Own Reality" durchaus als gelungener (wenn auch unauffälliger) Ausklang des Albums bezeichnet werden.

Insgesamt kann ein positives Urteil über das neue Werk der vier Briten gefällt werden. Paradise Lost besinnen sich endlich wieder auf ihre ehemaligen Stärken, selbst wenn die tiefen Gitarren und der leicht veränderte Gesang nicht vollständig darüber hinwegtäuschen können, dass der Aufbau der Songs immer noch durchweg eher einfach gestrickt ist. Aber der angenehm rohe Sound des Albums sowie die gute - weil im Gegensatz zum selbstbetitelten Vorgänger nicht übertriebene - Produktion lassen den 80er-Weichspül-Metal-Pop von "Paradise Lost" vergessen und dieses Album zum besten seit "Host" werden.

Tracklist:

  1. Never For The Damned
  2. Ash & Debris
  3. The Enemy
  4. Praise Lamented Shade
  5. Requiem
  6. Unreachable
  7. Prelude To Descent
  8. Fallen Children
  9. Beneath Black Skies
  10. Sedative God
  11. Your Own Reality

Links:

Paradise Lost Homepage

Paradise Lost bei MySpace

Video "The Enemy"

Video "Praise Lamented Shade"

Donnerstag, 14. Februar 2008

Fields Of The Nephilim - Fallen

Die Fields sind tot!

Oder sind sie es nicht?  Alle die gehofft haben, dass das 2002er Album "Fallen" diese wichtige Frage (am besten mit nein) beantworten kann, dürfen jetzt schon enttäuscht sein. Denn der neue Output wirft mehr Fragen auf, als der geneigte Zuhörer (und auch die Band bzw. Carl McCoy selber) beantworten kann (oder im Fall von Mr. McCoy gar nicht erst will).

Schon alleine der Ärger um die aus Sicht der Künstler viel zu frühen Veröffentlichung der Scheibe und das darauf folgende beleidigte Schweigen aller Beteiligten dämpfte die Vorfreude auf dieses neue Album gewaltig. Und auch der Blick auf die Trackliste lässt Böses erahnen: Kennt man die ersten drei Titel nicht von einer schon vor Jahren erschienenen Single? Den Namen "Darkcell" hat man im Zusammenhang mit den Fields auch schon mal gehört und die Tatsache, dass noch ein "AD" angehängt wurde, macht die Sache nicht besser. Wer dann noch das recht lieblose Artwork des Booklets betrachtet, dem schwant, dass an den Gerüchten von "Rough-Mixes", "Halbfertigen Versionen" und "Demos" durchaus mehr dran sein dürfte, als einem lieb sein kann.

So legt man seltsam aufgeregt die Scheibe in den Player und drückt mit zittrigen Fingern auf Play, um den ersten Klängen von "Dead To The World" zu lauschen, welches rauschend und knackend vor sich hin plätschert und keinerlei bleibende Eindrücke außer schmerzliche Erinnerungen an die epischen und spannungsgeladenen Intros der alten Fields hinterlässt. Ohne Pause geht der Track in die Single "From The Fire" über, welche den meisten eingefleischten Fans bereits bekannt sein dürfte und bestenfalls als ganz nett durchgehen kann. Das Ende dieses Drei-Song-Einheitsbreis bildet "Thirst", das genauso klingt wie der erste Track, nur dass noch mehr Verzerrer eingesetzt wurden. Zum Glück dauert dieses Geknister nicht mal drei Minuten und "Darkcell AD" erklingt. Das Intro des Songs orientiert sich stark am Original der "Burning The Fields EP", dann setzt leider sofort wieder das geheimnisvolle Dauerrauschen ein und erstickt die schönen Ansätze des Tracks schon im Keim. Spätestens jetzt geht einem das dauernde Geknister auch gehörig auf den Sack, und man wünschte sich, der CD-Spieler wäre ein alter Fernseher, den man mit einem mehr oder minder festen Schlag auf den Deckel reparieren könnte. Zusätzlich zu diesem Ärgernis wurde der Song von ursprünglich 6:42 auf 3:52 Minuten gekürzt (es fehlt unter anderem das komplette Saxophon-Solo, da Carl McCoy nach eigener Aussage von Blasinstrumenten Bauchschmerzen bekommt), was dieser Version endgültig den KO versetzt.

Es folgt mit "Subsanity" der erste komplett neue Song, der zwar im großen und ganzen als gelungen und als ein Highlight des Albums gewertet werden kann, dem es allerdings im Vergleich zu älteren Stücken der Meister sehr stark an Atmosphäre mangelt, was vor allem durch den recht primitiven Aufbau mit Knüppelbass und dem eintönigen, steril bis billig wirkendem Drumming bedingt ist.

Das folgende "Hollow Doll" ist der einzige Track des Albums, der sich wirklich zu hören lohnt! Hier paart sich ein vernünftiger Bass mit einer schönen Melodielinie und einer - Gott oder sonst wem sei's gepriesen - kaum rauschenden Produktion und bildet ein stimmiges Ganzes, mit dem man sich - wenn es denn über die gesamte Albumlänge so bliebe - zufrieden geben könnte. Leider holt einen "Fallen" schnell wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Das Rauschen ist (endlich wieder!!) allgegenwärtig und die Verzerrer werden bis zum Anschlag strapaziert. Auch ist der Knüppelbass, der so zu früheren Zeiten niemals in Erscheinung getreten wäre, wieder mit von der Partie. Insgesamt erinnert dieser Song viel zu sehr an Carl McCoys Soloprojekt "Zoon" (welches für sich betrachtet zwar gar nicht so übel, für ein Album der originalen Fields jedoch viel zu extrem und eintönig ist) und man mag kaum glauben, dass hier der selbe Tony Pettit den Bass vergewaltigt, der früher Gänsehauthymnen wie "Celebrate" aus den Saiten gezaubert hat!

"Deeper" ist von Sound her wieder gemäßigter, kommt dafür aber träge und schleppend aus den Boxen und besitzt keinerlei Highlights oder spannende Elemente, so dass man sich dabei ertappt, wie man gähnend am Forward-Button der Fernbedienung herumspielt. Auch die mit "Premonition" betitelte Überleitung zum nächsten Track dümpelt zum Glück nur etwas mehr als anderthalb Minuten vor sich hin, bevor das frühe Ende des Albums durch "One More Nightmare" eingeläutet wird. Was vom Titel her noch wie ein neuer Song klingt, entpuppt sich nach wenigen Sekunden Hörgenuss (?) als Vergewaltigung von "Trees Come Down" und man fragt sich, was die arme "Burning The Fields EP" Herrn McCoy angetan haben mag, dass sie ein solches Massaker verdient hat. Schlimmer hätten auch Linkin Park oder andere Idioten diesen Klassiker nicht covern können!

In der Special Edition gibt es neben zwei dämlichen Autogrammkarten der Herren McCoy und Pettit jetzt noch eine zweite CD (eigentlich völlig sinnlos, da die darauf enthaltenen Tracks locker mit auf die erste Scheibe gepasst hätten), die die Radioversion von "From The Fire" sowie Liveaufnahmen der Stücke "Love Under Will" und "Laura" beinhalten. Spätestens wer "Earth Inferno" sein Eigen nennt, kann auf diesen Bonus pfeifen, da niemand bei einer Albumspielzeit von nur 40 Minuten eine gekürzte Version eines langweiligen Songs braucht.

Abschließend muss eines klargestellt werden, es handelt sich hier nicht um das schlechteste Album aller Zeiten. Leuten, die noch nie von den Fields gehört haben, kann diese Scheibe durchaus gefallen. Allerdings ist sie für diejenigen, die die früheren Meisterwerke der Engländer kennen, völlig inakzeptabel!

Insgesamt fehlt diesem Album ganz einfach die Seele der alten Fields, alle Stücke klingen mehr oder weniger gleich langweilig, stumpf und einfallslos. Dieser Output klingt genau nach dem, was es leider tatsächlich ist, nämlich eine uninspirierte Ansammlung von Demos, unfertigen Mixes und alten Singels bzw. Coverversionen, die von der ungeduldigen Plattenfirma ohne Rücksicht auf Verluste ziemlich lieblos auf einen Silberling gepresst wurde (im Grunde genommen ist es eine Frechheit, für dieses Album auch noch den normalen Vollpreis zu verlangen, da wenn man alle bereits erschienenen Tracks mal außen vor lässt, sich eine reine Spielzeit von gerade einmal 18 Minuten ergibt). Trotz Allem ist die Schuld für diese vollkommen überflüssige Veröffentlichung nicht alleine bei der Plattenfirma zu suchen, auch Mr. McCoy muss sich die Frage gefallen lassen, wie und warum es überhaupt so weit kommen konnte.

Vielleicht wäre es besser gewesen, den Mythos Fields Of The Nephilim in Frieden ruhen zu lassen, anstatt die Fans mit solch halbgaren Alben zu quälen...

Tracklist:

CD 1:

  1. Dead To The World
  2. From The Fire
  3. Thirst
  4. Darkcell AD
  5. Subsanity
  6. Hollow Doll
  7. Fallen
  8. Deeper
  9. Premonition
  10. One More Nightmare (Trees Come Down AD)

CD 2:

  1. From The Fire [Single Edit]
  2. Love Under Will [Live]
  3. Laura [Live]

Links:

Fields Of The Nephilim Homepage (mit Kommentar zu "Fallen" unter The Void --> Archive --> The Nephilim... A Statement)

Fields Of The Nephilim bei MySpace

Fallen bei Jungle Records (inklusive Antwort auf Carl McCoys Statement)